Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastungen So wirkst du psychischen Belastungen am Arbeitsplatz entgegen
Wenn wir an Risiken am Arbeitsplatz denken, kommen uns zunächst Faktoren wie Arbeitsmittel und die Gestaltung des Arbeitsplatzes in den Kopf. Allerdings können auch psychische Belastungen die Gesundheit deiner Mitarbeiter*innen gefährden.
Hast du schon einmal von der lateinischen Redewendung “Mens sana in corpore sano – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper” gehört? Wie es bei vielen Sprichwörtern der Fall ist, steckt auch in dieser ein wahrer Kern. Unser Wohlbefinden hängt nicht nur von der körperlichen, sondern ebenso von der mentalen Gesundheit ab.
Gerade im Arbeitsalltag ist das Thema Gesundheit zentral, denn das Wohlergehen und die Sicherheit deiner Mitarbeiter*innen darf durch ihre Tätigkeit nicht gefährdet werden. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns heute besonders intensiv mit den psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz und mit konkreten Maßnahmen, wie du ihnen als Arbeitgeber*in entgegenwirken kannst.
Was versteht man unter einer Gefährdungsbeurteilung?
Laut dem Arbeitsschutzgesetz bist du als Unternehmer*in dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung für die Arbeitsstätte und jeden Arbeitsplatz und jede Tätigkeit zu erstellen. Ziel der Beurteilung ist es, mögliche Gefährdungen am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen, um im nächsten Schritt entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Eine Gefährdungsbeurteilung muss erfolgen, bevor die Arbeitstätigkeit aufgenommen wird, und das gilt auch bei einer Gefährdungsbeurteilung von Mitarbeiterinnen im Mutterschutz. Zu den potenziellen Gefährdungen zählen etwa die Einrichtung des Arbeitsplatzes, biologische, physikalische und chemische Einwirkungen sowie die Nutzung von Arbeitsmitteln.
Allerdings können auch auch menschliche Faktoren, zum Beispiel eine mangelnde Qualifikation, Überlastung oder Probleme in den Arbeitsprozessen zu einem Risiko für deine Mitarbeiter*innen werden. Auch psychische Belastungen müssen Teil der Gefährdungsbeurteilung sein.
Wie erstellt man eine Gefährdungsbeurteilung?
Eine Gefährdungsbeurteilung für dein Unternehmen sollte in sieben Schritten erfolgen:
- Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen
- potenzielle Gefährdungen ermitteln
- Risiken beurteilen
- Schutzmaßnahmen festlegen
- Maßnahmen durchführen
- Wirksamkeit prüfen
- Dokumentieren und fortschreiben
Die Aufrechterhaltung der Arbeitssicherheit und Gesundheit als kontinuierlichen Prozess zu betrachten. Wenn sich eine Gegebenheit ändert, müssen Gefährdungen eventuell neu evaluiert werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Gesetz erneuert wird oder es eine Veränderung in den Arbeitsbedingungen gibt.
Seit wann werden psychische Belastungen in Betracht gezogen?
Mit der Einführung des Arbeitsschutzgesetzes im Jahr 1996 wurde die Gefährdungsbeurteilung für Arbeitgeber*innen verpflichtend. Zunächst standen physische Risiken im Vordergrund – etwa durch Arbeitsmittel, Gefahrstoffe oder ergonomische Belastungen.
Seit der Änderung des § 5 ArbSchG im Jahr 2013 sind auch psychische Belastungen ausdrücklich Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung. Inzwischen gelten sie als gleichrangiger Bestandteil der Arbeitsschutzpflichten.
Welche psychischen Faktoren werden berücksichtigt?
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, wie psychische Belastungen überhaupt definiert werden. Laut DIN EN ISO 10075-1 lautet die aktuelle Definition: „Psychische Belastung ist die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen einwirken und diesen psychisch beeinflussen.“ Auf den Arbeitsplatz bezogen bedeutet dies, dass die Arbeitsbedingungen dahingehend analysiert werden müssen, ob sie eine psychische Belastung für die Mitarbeiter*innen darstellen könnten. Wenn du die Gefährdungen in deinem Unternehmen hinsichtlich der psychischen Belastungen untersuchst, gilt es folgende Faktoren zu beachten:
- Arbeitsinhalt beziehungsweise Arbeitsaufgaben
Eine Ursache für psychischen Stress können die Arbeitsaufgaben darstellen. Wenn Mitarbeiter*innen zu viele Aufgaben in kurzer Zeit erledigen sollen, sorgt das für Druck und das Gefühl, dem Pensum nur mit Überstunden gerecht werden zu können. Wird diese Arbeitsweise zum Dauerzustand, wächst auch die psychische Belastung für deine Mitarbeiter*innen.
Wusstest du, dass es genauso problematisch ist, wenn sich Arbeitnehmer*innen unterfordert fühlen? Wer dauerhaft zu wenige Aufgaben hat oder seine Fähigkeiten nicht einsetzen kann, empfindet das ebenfalls als psychisch anstrengend. Dieser Zustand wird in Anlehnung zum „Burnout” auch als „Boreout” bezeichnet. - Arbeitsorganisation
Auch die Organisation der Arbeit birgt Potenzial für psychische Belastungen. Ein möglicher Stressfaktor liegt hier in einer unklaren oder unstrukturierten Kommunikation. Besonders, wenn Mitarbeiter*innen viel Kundenkontakt haben und oftmals ihre weiteren Tagesaufgaben unterbrechen müssen, kann dies zu Stress führen. Generell ist es problematisch, wenn Prioritäten unklar sind und Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, mehrere Dinge gleichzeitig erledigen zu müssen. Eine klare Aufgabenverteilung, feste Kommunikationszeiten und realistische Zeitpläne können hier Abhilfe schaffen.
- Soziale Beziehungen
Besonders zu beachten sind auch die sozialen Faktoren am Arbeitsplatz, denn hierbei gibt es viel Potenzial für Unmut, Frust und psychische Belastungen. Zum einen ist es wichtig, dass sich deine Mitarbeiter*innen in ihrem Team wohlfühlen, da die wenigsten Arbeiten ausschließlich im Alleingang erledigt werden. Zum anderen ist gute Kommunikation ein zentrales Thema. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter*innen von Vorgesetzten oder dir als Arbeitgeber*in Feedback und Lob für gute Arbeit bekommen. Zu einer guten Kommunikation gehören darüber hinaus auch klare Arbeitsanweisungen und ein offener Umgang mit wichtigen Informationen.
- Arbeitsumgebung
Da Mitarbeiter*innen einen großen Teil des Tages am Arbeitsplatz verbringen, ist die Gestaltung der Arbeitsumgebung ein zentraler Faktor. Du solltest als Arbeitgeber*in darauf achten, dass sich deine Mitarbeiter*innen an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Dazu gehört beispielsweise, dass die die Arbeitsplätze ergonomisch, sauber, hell und angenehm temperiert sind, etwa durch Klimaanlagen, Lüftungssysteme oder flexible Arbeitszeiten bei Hitze.
Auch Lärm, Beleuchtung, Luftqualität und Raumgestaltung beeinflussen, wie wohl sich deine Mitarbeiter*innen fühlen und damit auch ihre psychische Belastung. - Digitale und KI-bedingte Belastungen
Auch digitale Technologien können psychische Belastungen verursachen. Wenn Mitarbeiter*innen ständig erreichbar sind und viele Nachrichten gleichzeitig bearbeiten müssen, entsteht schnell Stress.
Der Einsatz von KI-Systemen kann zusätzlich Druck auslösen, etwa wenn Arbeitsabläufe überwacht oder Leistungen automatisch bewertet werden. Fehlt Transparenz darüber, wie solche Systeme genutzt werden, führt das häufig zu Unsicherheit.
Im Homeoffice können soziale Isolation und verschwimmende Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit die Situation verstärken. Klare Regeln zur Erreichbarkeit, regelmäßiger Austausch im Team und offene Kommunikation über digitale Prozesse helfen, Belastungen zu vermeiden.
Welche Folgen haben psychische Belastungen am Arbeitsplatz?
Wird psychischen Belastungen am Arbeitsplatz nicht entgegengewirkt, kann dies fatale Folgen für die Gesundheit deiner Mitarbeiter*innen haben. Im schlimmsten Fall kann aus anhaltendem Stress auf Dauer ein Burnout entstehen, der zu längeren Ausfallzeiten oder sogar dauerhafter Arbeitsunfähigkeit führt. Auch körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Verspannungen treten häufig als Folge psychischer Belastung auf. Daher ist es wichtig, Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern, bevor aus Belastung Krankheit wird.
Was kannst und musst du als Arbeitgeber gegen psychische Belastungen tun?
Einige Aspekte haben wir bereits im Zuge der psychischen Belastungsfaktoren genannt. Hier findest du noch einmal konkrete Tipps, wie du als Arbeitgeber*in aktiv zum Schutz der psychischen Gesundheit deiner Mitarbeiterinnen beitragen kannst:
- Kommunikation ist das A und O
Sprich regelmäßig mit deinen Mitarbeiter*innen und ermutige sie dazu, mit dir oder anderen Vorgesetzten über Probleme oder Belastungen zu sprechen – seien es Unstimmigkeiten im Team, ein zu hohes Arbeitspensum oder persönliche Belange. Achte darauf, regelmäßig Feedback zu geben und den Raum für einen guten Austausch zu schaffen. - Tausche dich mit dem Betriebsarzt / der Betriebsärztin und der Fackraft für Arbeitssicherheit aus
Der Betriebsarzt / die Betriebsärztin und die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) stehen ebenfalls im Kontakt mit deinen Mitarbeiter*innen und erfahren aus erster Hand, welche Probleme und Sorgen bestehen. Auch wenn Betriebsärzt*innen natürlich einer Schweigepflicht unterliegen, könnt ihr euch über allgemeine Probleme und Risiken im Unternehmen austauschen und gemeinsam Lösungen finden, um die psychische Gesundheit im Unternehmen zu fördern. - Sorge für eine gesunde Arbeitsumgebung
Dein Ziel sollte es sein, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich deine Mitarbeiter*innen wohlfühlen. Dazu gehören ergonomische Arbeitsmittel, gute Beleuchtung, eine angenehme Raumtemperatur und Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes Arbeiten. Ermutige deine Mitarbeiter*innen, sich zwischendurch zu bewegen und in der Pause auch wirklich abzuschalten, um das Stresslevel zu senken. In diesem Beitrag erfährst du mehr über gesunde Büroarbeit.
Weiterführende Links
- Das sind deine Pflichten als Unternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung(Stichworte: Gefährdungsbeurteilung)
- Was Arbeitgeber*innen in 2025 wissen müssen(Stichworte: mutterschutz)
- Arbeitsschutz und das Arbeitsschutzgesetz in Deutschland(Stichworte: ArbSchG)
- Wie ergonomische Bürostühle die Rückengesundheit fördern(Stichworte: ergonomisch)
- Was muss ich zum Thema Arbeitsunfähigkeit wissen?(Stichworte: Arbeitsunfähigkeit)
- Verpflichtend zu bestellen: die Fachkraft für Arbeitssicherheit(Stichworte: Fachkraft für Arbeitssicherheit)